Universal Röhren Vorverstärker Simulation

Ich habe für Euch einen modularen Röhren Vorverstärker entwickelt und simuliert, der von Jedem an seine Bedürfnisse angepasst werden kann.

gesamtstromlaufplan

Im Gesamtstromlaufplan sind alle Baugruppen dargestellt, die optionalen Module bzw. Baugruppen sind gestrichelt umrahmt. Die mit "Option" gekennzeichneten Baugruppen können je nach Bedarf ersatzlos entfallen. So ist es durchaus sinnvoll, an Stelle der internen A/D und D/A Wandler Baugruppen z.B. eine externe USB oder Firewire/IEEE1394Soundkarte zu benutzen. Diese haben heute eine sehr gute Wandler Qualität mit bis zu 192kHz/24bit, S/P-Dif Ein- und Ausgänge und stellen eine ideale Schnittstelle zu PC's (via USB) sowie zu digitalen Quellen wie Digitale Kabel Receiver und DVD- / BlueRay Player (via S/P-Dif) her. Der Amateur kann nur mit sehr hohem Aufwand solch eine Schnittstelle in dieser Qualität selbst aufbauen und die Kosten sowie der Aufwand stehen in keinem Verhältnis zum Ergebnis. Ich kann die Alesis IO2 (USB/24bit/48kHz, ca.280€) und für gehobene Ansprüche die M-Audio Firewire Serie (IEEE1394/192kHz/24bit, ab ca. 400€) empfehlen. Auch preiswerte Modelle wie die Terratec Aureon 5.1 (USB/48kHz/16bit) haben bereits S/P-Dif Ein- und Ausgang und sind bereits ab 40€ zu haben.

RIAA

Wenn man keinen Plattenspieler Eingang vorgesehen hat kann der RIAA Vorverstärker ersatzlos entfallen. Der hier gezeigte RIAA Vorverstärker entspricht der erweiterten "IEC-Entzerrkennlinie" weiche zusätzlich zur RIAA Kennlinie ein Rumpelfilter bietet.

RIAA ablesehilfe

So werden nach der IEC-Kennline Frequenzen um 2Hz (das Rumpeln) mit ca. 20dB abgesenkt, unsere Schaltung schafft bei 2Hz sogar eine Absenkung um ca. 40dB gegenüber 35Hz.

RIAA 40dB

Bei 200mV Ausgangsspannung beträgt der Klirrfaktor dieses RIAA MM-Vorverstärkers 0.10% bei 1kHz. Die Line Stage (Zwischenverstärker) liefert eine Verstärkung von 16-fach und bleibt bei 1.55Veff Ausgangsspannung bei einem Klirrfaktor von 0.0035%.

Linestage

Der Line Driver (Ausgangsverstärker) liefert diese Ausgangsspannung bei 0.006% Klirr. Der Gitterableitwiderstand ist als Potentiometer 1Meg log. ausgeführt und dient zugleich als Pegelregler für den Ausgang.

Linedriver

Für die Klangreglung habe ich wahlweise eine klassische Höhen/Tiefen Reglung (100Hz/10kHz mit +/-16dB) sowie eine 3-Kanal Klangreglung (80Hz/1kHz/10kHz mit +/-16dB) vorgesehen. Ins besondere die 3-Kanal Version eignet sich vorzüglich um Signale von Kassettenrecordern aufzubessern da i.d.R. nur die Frequenzen über 8kHz angehoben werden müssen. Zur Kompensation von ggf. etwas bassschwachen Boxen eignet sich die 3-Kanal Reglung wesentlich besser als die 2-kanalige Version, da der Bassregler bei 80Hz wesentlich tiefer ansetzt und tiefe Mitten bei ca. 300Hz nur wenig beeinträchtigt. Vielen genügt jedoch trotzdem eine einfache klassische 2-kanalige Höhen/Tiefen Reglung.

2-Kanal

3-Kanal

Der RIAA Vorverstärker und die beiden Klangreglungen arbeiten nach dem "Baxandall" Prinzip, welches einen großen Regelbereich über +/- 16dB bietet. Leider wird bei herkömmlichen Klangreglungen wie auch der Baxandall Schaltung die Phasenlage etwas verzerrt, so das hohe Frequenzen den tiefen Frerquenzen zeitlich vorraus eilen. Klangfilter ohne Phasenverzerrungen sind auch mit Röhren möglich, aber nur mit einem hohen Aufwand zu realisieren.

Als Kopfhörer Verstärker kommt eine ECC88 in SRPP Schaltung (ohne Ausgangsübertrager = OTL) zum Einsatz, welche sich in dieser Schaltung praktisch mehrfach bewährt hat. Bei Vollaussteuerung werden zwar über 1% Klirrfaktor erreicht, das sind aber "Röhrenverzerrungen" und diese reichern den Klang musikalisch an. Der Kopfhörer Verstärker kann bis 125mW an 600 Ohm verzerrungsfrei abgeben, dann setzt eine allmähliche Begrenzung des Ausgangsstroms ein. Maximal werden +/- 12mA an die Kopfhörer abgegeben, die damit auch im Extremfall nicht durchbrennen können.

kopfhoereramp

Die Lautstärke Potentiometer habe ich im Gesamtstromlaufplan bewusst nicht mit Werten versehen, da Tandem Potis mit Anzapfung(-en) heute nur schlecht zu beschaffen sind. Der Wert dieses Potis kann in dieser Schaltung zwischen 100kOhm und 1Megaohm liegen und es müssen logarithmische Potis verwendet werden. Die Anzapfung(-en) und ein entsptrechendes R-C Glied(-er) benötigt man, um eine physiologische Lautstärke Korrektur vornehmen zu können. Ohne diese R-C Glied (-er) werden bei geringer Lautstärke die Bässe und Höhen viel zu leise wiedergegeben. Die Bemessung dieser R-C Glieder hängt vom Wert des Potis ab und kann ggf. auch etwas an persönliche Bedürfnisse angepasst werden. Im theoretischen Idealfall ändert sich der Klang beim verändern der Lautstärke überhaupt nicht.

Die Schalter können als 2-3 fache Kanalumschalter (Schaltebene) oder besser - mittels geschirmten Relais ausgeführt werden. Ob man LED's zum anzeigen des gewählten Kanals braucht, ist jedem selbst überlassen. Eine sehr schöne Lösung zur Anzeige des gewählten Eingangs ist die Verwendung eines Dekatrons oder einer Nixie Röhre (Kaltkatoden- Ziffernanzeigeröhren).

Das VU-Meter dient zur Anzeige der Aussteuerung und kann mit Zeigerinstrumenten oder wie hier gezeigt, mit zwei magischen Bändern erfolgen. Der Umschalter Pre/Post schaltet VU-Meter und Kopfhörer Verstärker einmal vor- und einmal hinter die Lautstärke Reglung, der Level Regler vor dem Kophörer Verstärker dient zur Anpasung unterschiedleicher Kopfhörer Typen und -Abhörlautstärken.

Das Netzteil:

Das Netzteil eines Röhren Vorverstärkers ist einer der wichtigsten, wenn nicht überhaupt die wichtigste Baugruppe. Das Netzteil muss hier mindestens 6,3Volt/1.5A , 250Volt/20mA und 180V/30mA Gleichstrom zur Heizung der Röhren und als Betriebsspannung liefern. Möchte man einen LED Input Indicator sowie die A/D und D/A Wandler betreiben sind zusätzlich noch 12Volt/1A Gleichstrom nötig.

Bitte beachten Sie die maximale Ufk Spannung der Röhren ! Die Ukf Spannung ist die Gleichspannung die bei indirekt geheizten Röhren zwischen Heizung/Heizwendel und Katode liegt. Im unten gezeigten Beispiel Schaltbild eines Netzteils liegen alle Heizspannungen auf Masse(0 Volt) Potential, obwohl in den gezeigten Verstärkerstufen hier oben mehrere Röhren mit einem Katodenpotential von bis zu +130 Volt betrieben werden. So lange Sie hier ECC82 oder ECC83 benutzen werden die maximalen Ufk Spannungen nicht überschritten, da für diese beiden Röhrentypen die Ufk(max) =180V beträgt. Grundsätzlich ist es jedoch ratsam, Ufk so klein wie möglich zuhalten, also zum Beispiel eine zweite, getrennte Heizwicklung getrennt für die  "oberen" Röhren vorzusehen und diese dann im Potential mit einem Widerstands-Spannungsteiler hochzulegen, also auf eine Gleichspannungs Potential von ca. +90 Volt zu bringen.

Netzteil

Röhren-Vorverstärker arbeiten in Klasse A, was eine hohe Empfindlichkeit gegenüber Brummeinstreuungen aus der Betriebsspannung – und damit eine sehr geringe PSRR (Power Supply Ripple Rejection) zur Folge hat.

Entsprechend umfangreich fällt auch der Aufwand an Siebmitteln zur Ausfilterung des Netzbrumm aus. Bei der Verwendung von nicht brumm- und mikrofoniearmen Röhrentypen wie ECC82 und ECC83 muss bei kleinen "nominalen" Eingansspannungen unter 50mV~ eff. eine Gleichstromheizung oder zu mindest eine symetrierte Wechselstromheizung verwendet werden, im besten Fall mit einem 100 Ohm Draht Poti entsprechnder Belastbarkeit und getrennten Heizwicklungen für jeden Kanal.

Bei der hier gezeigten Simulation wird eine 6,3Volt die Heizgleichspannung mittels Zweiweg Gleichrichtung mit zwei Schottky Dioden und drei 1,5A / 5V LowDrop Spannungsreglern realisiert. Low Drop heist, das die Regel-IC’s mit einer geringen Spannungsdifferenz ab 2 Volt zwischen Eingang und Augang bereits ihre starke Regel- und damit Siebwirkung entfalten können und deswegen verhältnismäßig wenig Verlustleistung, also Abwärme entsteht. Von Schalt Reglern (Stepup/Stepdown) ist abzusehen. Der Gefahr einer Einstreuung und Modulation der hohen Schaltfrequenzen in das Tonsignal ist nur durch zusätzliche Abschirmungen und entsprechende HF Siebglieder beizukommen. Eine sehr gute Lösung ist es immer das Netzteil, ins besondere die Gleichrichter Dioden und den Netztrafo in einem externen, separaten Gehäuse oder mit separater Abschirmung unterzubringen. Eine Gleichstromheizung wird grundsätzlich nur empfohlen, wenn sehr kleine Eingangsspannungen wie sie nur z.B. bei (Mikrofonen oder-) RIAA Entzerr- Vorverstärkern (MM oder insbesondere bei MC) auftreten.

Die Gleichrichter Dioden sollten immer mit 3...10nF Keramik Kondensatoren überbrückt werden und möglichst weit weg von empfindlichen Eingangsstufen oder -Leitungen, separat abgeschirmt oder im besten Fall in einem externen Gehäuse, zusammen mit dem Netztrafo untergebracht werden. Auch macht es aus den genannten Gründen durchaus Sinn, bei den kleinen Strömen der Anodenspannung einen Widerstand 100...330 Ohm in Reihe zu jeder einzelnen Diode zu schalten um eventuelle Dioden Recovery Ströme zu begrenzen und hochfrequente Störimpulse zu vermeiden oder zumindest zu verringern. An Stelle dieser Widerstände sind auch kleine Drosseln also kleine Spulen mit Ferritkern gut zu gebrauchen, dann muss jedoch das Netzteil oder zumindest dieser Gleichrichter Teil HF mäßig abgeschirmt werden, um magnetische HF Einstreuungen zu verhindern welche von den kleinen Drosseln erzeugt und ggf. dann in das NF Signal eingestreut werden können. Röhren Gleichrichter wie z.B. EZ80, EZ81 oder 5U4/5Z4(=GZ34), 5Z3P, EYY13 etc. haben auch heute noch ihre Daseinsberechtigung, auch bei Neukonstruktionen, da sie keine Recovery Ströme aufweisen und entsprechen keine HF Störungen entstehen lassen. Durch ihren vergleichsweise hohen Innenwiderstand begrenzen sie weiterhin wirkungsvoll Stromspitzen. Ein erheblicher Nachteil dieser Gleichrichter Röhren ist jedoch der hohe Energiebedarf der Heizung, z.B. 15Watt bei der 5Z4 oder 5Z3P und die Notwendigkeit einen eigenen, separaten Heizwicklung. Werden diesen Röhren Gleichrichtern höhere Ströme abverlangt wie z.B. in Endstufen, ist der Verschleiß- bzw. die Röhrenalterung sehr groß, und diese Röhren müssen relativ häufig getauscht werden.

Die Anodenspannung wird in dieser Simulation mehrmals mit einer einfachen, aber bewährten Transistor Schaltung gesiebt. Ein solches Siebglied ersetzt die früher übliche Gleichstromdrossel mit nahezu gleichen Eigenschaften, wenig Verlustleistung und sehr hoher Siebwirkung. Das Magnetfeld und das hohe Gewicht der (teuren) Siebdrossel entfällt hierbei. Zwei dieser Transistor Siebglieder hintereinander haben eine sehr - bzw. extrem hohe Siebwirkung und PSRR.

Trotzdem ist es für "High End" Audio Eigenschaften sinnvoll, die einzelnen Verstärkerstufen zum Schluss noch einmal gegeneinander mit jeweils eigenen RC-Siebgliedern zu entkoppeln. Das kann man wie allgemein üblich hintereinander anordnen oder so wie hier, das diese RC-Siebglieder für jede Stufe bzw. Baugruppe parallel liegen. So hat man auch die Möglichkeit Baugruppen einfach wegzulassen oder hinzu zufügen.

Mit etwas Geschick kann man auf der Anodenspannungsseite auch auf Regeltransistoren verzichten, wenn man ausschließlich RC-Glieder einsetzen- und auf Halbleiter in der Siebkette verzichten möchte. Der Materialaufwand ist enorm aber die dazu nötigen R und C sind heute sehr billige Bauteile, besonders im 10-er oder 25-er Pack. Die geringere Brummdämpfung bzw. PSRR der RC-Glieder gegenüber aktiven Siebgliedern muss mit einer höheren Anzahl von hintereinander angeordneten R-C-R-C-R-C-R-C…… Glieder erkauft werden. Das im Internet kostenlos erhältliche Programm „PSU-Designer“ ist hier neben LTSpice sehr hilfreich bei der Dimensionierung der Netzteil Bauteile und Berechnung der Rest Ripple Spannung. Ins besondere die RIAA Vorverstärker sind auf Brummen aus der Betriebsspannung sehr empfindlich. Man kann überschlagen, das bei Klasse A Stufen und einer Stufen Ausgangsspannung von ca. 200mV und einem gewünschten Dynamikbereich von 80dB die Ripplespannung in der Anodenbetriebsspannung nicht viel mehr als ca. 0,2/10000 x2 = 40µV betragen darf und das bei einer Betriebsspannung von 250Volt. Der Faktor 2 in der Überschlagsgleichung ergibt sich aus der PSRR der Klasse A Stufe, die nur 3dB betragen kann.

Beim praktischen Aufbau ist es weiterhin sinnvoll, entweder Ringkern Transformatoren einzusetzen oder die Transformatoren in ein externes Gehäuse zu packen. Die Magnetfelder der Netztrafos koppeln sehr leicht in die hochohmige Röhren Vorverstärker Schaltung ein, weswegen die gesamte Schaltung auch abgeschirmt ausgeführt werden sollte. Die Masseleitungen aller NF-Stufen, der Eingangs- und Ausgangsbuchsen und der Siebelkos sind an einem zentralen Massepunkt sternförmig zusammen zuführen.

Der tatsächliche Wert der Anodenspannung ist relativ unkritisch und kann zwischen 200 und 300 Volt liegen ohne das sich die Eigenschaften und Parameter einer praktisch ausgeführten Schaltung wesentloch ändern würden. Der Wert der Anodenspannung für die Kophörerverstärker sollte in einer praktischen Ausführung zwischen 150 und 200V liegen.

Die Röhrenheizspannung sollte möglichst exakt 6,3Volt betragen und wenig Ripple enthalten, d.h gut gesiebt sein. Die 3 IC’s sind gebräuchliche 5 Volt positive LowDrop Spannungsregler von einem beliebigen Hersteller, heutzutage ein Normteil. Diese IC werden am Masse seitigen Anschluss (ADJ) über zwei Dioden auf eine Ausgangsspannung von 6,3….6,4 Volt hochgelegt. Eine einzelner 5A/5V LowDrop Regler brachte schlechtere Ergebnisse als die 3 einzelnen Regel-IC's und benötigte insgesamt mehr Energie in der Simulation.

Eine weitere Simulation mit Gleichstromheizung und 300mA Konstant Stromquellen aus 2Transistor+2R benötigt mehr Verlustleistung (= Eingangsspannung an den 10000µF Kondensatoren) als die 5V LowDrop Regler. Trotz 100µF Kondensator war noch relativ viel Ripple im Heizgleichstrom. Allerdings ist mit kapazitiv überbrücktem Konstantstrom ein optimaler Softstart zur Schonung der Röhren möglich. Dann sollte jedoch die Anodenspannung erst zugeschaltet werden, wenn die Heizspannung über den Röhren ca. 6V erreicht hat. Die Röhren werden ggf. dann wesentlich länger, etwa 5-10 Minuten zum anheizen und zum Erreichen der vollen Betriebsbereitschaft benötigen, ähnlich der alten preiswerten Röhrenradios ohne Netztrafo, mit Serienheizung und NTC Widerstand und Röhren der U-Serie.

Zip Datei mit Simulation und den nötigen Röhrenmodellen von Duncanamps zum Download (56kB)

Hier das Dateiarchiv (zipfile, 56kB) mit allen nötigen Simulationen und Röhrenmodellen. Ich habe zusätzlich eine Simulation eines RIAA Vorverstärkers nach einer Schaltungsidee von Heinrich Siemens mit der brumm-, kling- und mikrofoniearmen NF-Vorstufenröhre EF86 simuliert und dem Zipfile beigelegt.

RIAA Heinrich Siemens EF86