Moderne Eintakt High-End Röhrenendstufe „Sonido Ambiente"

Sonido Ambiente

Alle Verstärkerstufen sind gleichspannungsgekoppelt, nur am Eingang wird ein Koppelkondensator benötigt. Die Endstufe arbeitet mit so genanntem "Splitload" zu deutsch "geteilte Last". Beim Splitload wird die Ausgangsleistung sowohl an der Anode als auch an der Katode der Endröhre ausgekoppelt. Der Großteil der Ausgangsleistung (ca. 90%) wird hier von der Anode klassisch über einen Ausgangstransformator geliefert. Die Katode gibt jedoch ebenfalls einen kleinen Teil der Ausgangsleistung über einen sehr großzügig mit 470µF dimensionierten Kondensator direkt an den Lautsprecher ab - ähnlich wie bei einer OTL (ausgangstrafolosen) bzw. Katodenfolger Endstufe. Die Endstufe leistet 11 Watt Sinusleistung bei etwa 4% Klirrfaktor. Bei einem Watt Ausgangsleistung beträgt der Klirrfaktor weit unter 0,1%.

Neuartig ist bei dieser Schaltung, das vom Ausgang das gleiche Gegenkopplungssignal gleichzeitig und parallel auf die Vor- und Endstufe wirkt. Bei anderen Schaltungen wirken meist verschiedene Gegenkopplungszweige einzeln und unabhängig voneinander innerhalb einzelner Röhrenstufen und/oder seriell „über Alles" vom Ausgang in die Eingangs- oder die Treiberstufe zurück.

Die Vorteile dieser parallelen Gegenkopplung auf mehrere Stufen ist die wesentlich höhere, da parallele Wirkgeschwindigkeit, was Transientverzerrungen durch Signallaufzeiten über mehrere Verstärkerstufen hinweg drastisch reduziert.

Da der gesamte Verstärker gleichspannungsgekoppelt ist, wird hier eine Arbeitspunkt Stabilisierung in Form einer Gleichstrom Regelschleife durch den gesamten Verstärker angewendet, ähnlich wie bei modernen Halbleiter Verstärkern. So gesehen arbeitet der gesamte Verstärker für Gleichspannung als Konstantstromquelle.
Der 100 Ohm Katodenwiderstand der Endröhre liegt für Wechselspannung parallel zum Ausgang und reduziert die maximale Sinus Ausgangsleistung von 13 Watt um etwa 10% auf etwa 11 Watt. Dies hat jedoch andererseits den Vorteil, das bei einem versehentlichen Betrieb der Endstufe ohne Lautsprecher ein hochlaufen der Spannung an der Anode der Endröhre, welches die Zerstörung des Ausgangstrafos durch Überspannung zur Folge haben kann, wirkungsvoll eingeschränkt wird.

Als Röhren kommen 6ZH32P (EF86) als Spannungsverstärker, eine halbe 6N6P (ECC813, 12BH7 oder 6463) als Treiber und als Endröhre eine 6P45 (EL509 oder PL519) – also ausschließlich russische Röhrentypen zum Einsatz, welche jedoch problemlos durch die angegebenen internationalen Vergleichstypen ersetzt werden können, wenn man die Belegung der Röhrenstifte und die Heizspannungen entsprechend anpasst. Statt der "halben" 6N6P kann sehr gut auch pro Kanal eine "ganze" ECC82 (12AU7) eingesetzt werden bei der beide Röhrensysteme parallel geschaltet werden.

Der Ausgangstrafo soll eine Primärimpendanz von 1.8kOhm und sekundär 8 Ohm haben und einen Anodengleichstrom von 90mA verkraften (plus dem Anodenwechselstrom). Es eignet sich u.A. der Typ 53.509 oder 53.37 von http://www.roehrentechnik.de (Reinhöfer).

Als Netztrafo eignet sich vom gleichen Hersteller exzellent der Typ 52.28, der neben getrennten 6.3Volt Heizungen für beide Kanäle und einer seperaten Heizwicklung für die hochgelegte Heizspannung der Treiberröhre auch eine 40V Heizspannung für einen Betrieb von zwei PL519 vorsieht. Er wurde speziell für diesen Typ Eintakt Stereo Endstufen entwickelt.

Als Siebdrossel (10H@200mA) kann ebenfalls vom gleichen Hersteller der Typ 62.64 verwendet werden. Sehr gut eignet sich an Stelle der Drossel auch der Einsatz eines aktiven Siebgliedes "Gyrator" mit Hochspannungs-Leistungstransistor oder -Mosfet pro Kanal.

Mehrere Hörvergleiche, ins Besondere mit der gut bekannten, ähnlichen Endstufe „Synola", brachten sehr klar die Vorteile dieses modernen Endstufenkonzepts hervor:

- Gesangsstimmen werden wesentlich natürlicher reproduziert
- Instrumente und Geräusche lassen sich wesentlich besser voneinander differenzieren
- kristallklare Höhen
- abgrundtiefe, lineare und exakte Bässe
- wesentlich detailreicheres, frischeres Klangbild insgesamt
- kräftiger, angenehmer Eintakt Röhrensound bei hohen Lautstärken

Schaltungsbeschreibung:
Die Eingangswechselspannung gelangt über den hier nicht eingezeichneten (Tandem-) 100kOhm/log. Eingangsspannungsregler, über den Eingangskoppelkondensator und den Gitterstopper zum Steuergitter der Spannungsverstärkerröhre 6ZH32P. Hier wird es etwa 180-fach verstärkt und dem Gitter der Katodenfolger-Treiberstufe 6N6P zugeführt. An der Katode der Treiberstufe steht nun ein niederohmiges Signal zur Ansteuerung des Schirmgitters der Endröhre 6P45 zur Verfügung. Diese als „enhanced Triode" bekannte Schaltung kann die sonst recht nichtlinearen Zeilenendpentoden „BPT" am Schirmgitter sehr linear ansteuern. Das Steuergitter der Endpentode liegt an einer stabilisierten, festen Spannung von -24 Volt.
Die Katode der Endpentode ist über den 470µF Kondensator mit dem Lautsprecherausgang verbunden. Am 100 Ohm Katodenwiderstand der Endröhre sollen 9 Volt Gleichspannung im unausgesteuerten Zustand abfallen. Das kann mit dem Einstellregler exakt justiert werden.
Vom Schleifer des Einstellwiderstands wird die Katoden Gleichspannung der Endröhre dem Steuergitter der Spannungsverstärkerröhre zugeführt.
Die Katode der Spannungsverstärkerröhre liegt auf einer festen Spannung von +8,2 Volt. Diese kann mittels einer beliebigen 8,2V/250mW Z-Diode oder durch drei in Reihe geschaltete, blaue 3mm Leuchtdioden gebildet werden. Ich habe die LED's dazu verwendet, die Röhren von unten durch den Sockel hindurch blau anzustrahlen. Die LED's beginnen ca. 20 Sekunden nach dem einschalten mit gleichbleibender Stärke zu leuchten. Dies zeigt die volle Betriebsbereitschaft des Endverstärkers an.

Anders als bei Endstufen mit fest eingestellter Gittervorspannung und ohne Arbeitspunktstabilisierung (Autobias) wird hier der Arbeitspunkt der Endstufe (90mA Katodenstrom) während der Laufzeit des Verstärkers nachgeregelt. Man muss in der Praxis feststellen, das durch die verhältnismäßig geringe Spannungsverstärkung diese Arbeitspunktstabilisierung nicht in der Lage ist, den Ruhestrom der Endröhre auch nach einem Röhrenwechsel 100%-ig exakt auf den gleichen Wert zu stabilisieren. So ist hier ein feinjustieren des Ruhestroms einmal nach jedem Röhrenwechsel sinnvoll, jedoch nicht zwingend nötig. Es wird mit dieser Reglung eine sehr schnelle Betriebsbereitschaft des Verstärkers nach dem einschalten erreicht und Alterserscheinungen der Röhren werden gut kompensiert. Ein vorheizen des Verstärkers von mehreren zehn Minuten bis zur vollen Betriebsbereitschaft, so wie es nicht stabilisierte Röhrenendstufen wie die „Synola" benötigen, ist hier überflüssig.

Schaltplan vom Netzteil:

Sonido Ambiente Netzteil

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Mario Benndorf, Dresden am 9.11.2014